Das liebe Wetter…

…ist in Japan ein nicht zu unterschätzendes Thema. Hier im Land der aufgehenden Sonne kann es schon einmal sehr heiß, ziemlich kalt, in unterschiedlichsten Ausprägungen regnerisch und nicht selten stürmisch werden. Von Temperaturen jenseits dessen, was der Mitteleuropäer als angenehme Sommerwärme empfindet bis hin zu Sintflutartigen Regenfällen, von fast schon tropischen Temperaturen bis plötzlichen Wintereinbrüchen – was auch geschieht, der Japaner von Welt informiert sich, wenn er nicht von dem Wetter in diesem Inselstaat überrascht werden möchte.

Entsprechend detailliert fallen die Wettervorhersagen auch aus. Im Internet bietet die japanische Meteorologenschaft die Möglichkeit, sich über die aktuellen Wetterbedingungen und -warnungen zu informieren. Letztens installierte ich auf meinem Handy eine Wetter-App, die mich prompt vor einer sich unserem Gebiet nahenden Regenwolke warnte. Inakkurate Wetterwarnungen gewöhnt, war ich zunächst recht unbeeindruckt, bis ich dann angesichts des immer dunkler werdenden Himmels bußfertig die zumTrocknen rausgehängte Wäsche hinein holte.

Dann eines morgens kam ich auf die glorreiche Idee, mich – das Frühstück zubereitend – im japanischen Fernsehen über die Dinge zu informieren, die die Nation heute bewegen. Zwischen Golf mit Trump und Abe,

Infos aus der Welt des Entertainment, etc. durfte natürlich auch das Wetter nicht fehlen.
Was danach kam, überraschte mich dann doch ein wenig. Nach den erwartungsgemäßen Infos über Temperatur, zu erwartenden Niederschlägen und so weiter,

ging es dann an die Frage „Kann ich heute meine Wäsche draußen trocknen?“ –
prompt wurde eine entsprechende Tabelle angezeigt, die für jede Stadt einen entsprechenden Rat parat hatte. Schmunzelnd bemerkte ich, dass Nagoya heute „OK“ wäre –

danke, liebe Wetterfrösche! Aber damit nicht genug, wir sind ja schließlich in Japan.
Für die Menschen von Geschmack ist nach
 der Frage, ob die Wäsche heute denn gut trocken wird, offensichtlich die natürliche darauf folgende Frage jene, was denn heute gut anzuziehen wäre. Auch hier steht das Team der Wetterexperten mit Rat und Tat zur Seite – von Solisten ausgesucht und von der Wettermoderatorin selbst getragen und erklärt; so werden die Fragen des stilbewussten Menschen von Heute wichtig genommen: was passt heute zur Jahreszeit und zum Wetter? Wo kann ich das kaufen? Wie viel wird es mich denn ca. kosten? Alles Fragen, die in den etwa drei Minuten Sendezeit ihren Platz finden.
Mit mehr Information als erwartet widmete ich mich dann wieder der Frühstückszubereitung.  Interessant, wie die Meteorologie hier in den Alltag eingebettet wird…

Geburt in Japan – Erfahrungsbericht

Durch die Geburt unseres 4. Kindes bin ich in den Genuss gekommen, ein japanisches Krankenhaus von innen zu sehen.

Da ich meine 3 älteren Kinder in Österreich auf die Welt gebracht habe, wage ich es, einen kleinen Vergleich zu machen zwischen meinen bisherigen Erfahrungen und dem Erleben hier in Japan.

Wie auch in Österreich war es mir wichtig, eine Klinik auszusuchen, in der es ermöglicht wird, dass Mutter und Kind möglichst viel Zeit miteinander haben (Rooming-in), und das stillfreundlich ist.

Schon beim Suchen der Klinik wurde es klar:

Grundsätzlich ist es in beiden Ländern dasselbe. Man (also Frau) bekommt das Baby, danach bleibt sie mit dem Neugeborenen noch eine kürzere oder längere Zeit im Krankenhaus, um sich zu erholen, Kraft zu tanken, und die erste Zeit medizinisch überwacht werden zu können.

Folglich bin ich also auch hier im japanischen Krankenhaus nach der Geburt auf die Station gekommen – inklusive Prozedere Vitalzeichen messen, Mobilisation (Krankenhausjargon für aufs WC gehen) und der ersten Infos bezüglich des 6-tägigen Aufenthalts.

Interessant war schon das Zimmer, in das ich kam. Dass es in dem Zimmer 4 Betten gibt, konnte man zunächst gar nicht genau sehen, denn jedes Bett mit dem obligatorischen zusätzlichen Quadratmeter Bewegungsfreiheit ist komplett umgeben von grünen Gardinen, wahrscheinlich um den Patienten irgendeine Privatsphäre zu geben. Dementsprechend habe ich schon lange einiges von meinen Zimmernachbarn gehört, bevor wir dann beim zufälligen Treffen im Stillraum „darauf gekommen sind“, dass wir ja im selben Zimmer liegen!

Aber zurück zur Zimmerzuweisung:

Kaum lag ich im Krankenbett, wurde mir angeboten, das Kind für die Nacht ins Babyzimmer zu geben, damit ich mich von der Geburt erholen kann. –Was mich echt gewundert hat, denn es wurde ja vorab das Rooming-in ab dem ersten Tag angeboten. Als ich also darauf bestand, das Baby von Anfang an bei mir zu haben, waren die Schwestern ihrerseits wohl etwas verwundert (wenn nicht irritiert). Immer wieder wurde mir am folgenden Tag angeboten, das Baby doch ins Babyzimmer zu geben, wenn ich mich ausruhen wollte…

Was ich auch seltsam finde ist, wie leicht die Schwestern einem empfehlen, nach der gegebenen Muttermilch das Baby noch mit Babymilch zuzufüttern, damit Mutter und Kind sich nicht übernehmen. Dabei wirbt dieses Krankenhaus mit seiner Stillfreundlichkeit.

Vielleicht liegt dies allerdings auch an der „normalen“ Größe des japanischen Babys. Unseres ist wirklich groß mit über 4000g, eine Schwester meinte zu mir, dass es möglicherweise das schwerste ist, das je hier auf der Station geboren wurde… Japanischen Babies sind durchschnittlich 2500-3500g schwer, d.h. sie haben laut Hebamme nach der Geburt oft zu wenig Kraft zu trinken, und wenn sie nicht genug trinken, wird es schnell eng für sie, denn viele sind dann gleich gelb. Also nicht nur von der Hautfarbe her, sondern auch medizinisch gesehen mit einem Hang zur Gelbsucht (was bei Asiaten wohl sowieso eher der Fall sei). Daher wird den Müttern oft schon gewarnt, dass das Baby vielleicht länger im Krankenhaus bleiben muss. (Meine persönliche Meinung zu dem Ganzen: dadurch dass schon in der Schwangerschaft in Japan sehr auf das Gewicht der Mutter geachtet und die Gewichtszunahme begrenzt wird, kommt auch das Baby klein auf die Welt. Vielleicht sollten die werdenden Mütter einfach ein wenig mehr essen…).

Überhaupt erweckt das Verhalten der Schwestern bei mir fast ein wenig den Eindruck, als hätten die Schwestern die Neugeborenen selbst gerne auf ihrer Babystation: „Frau Freisleben, Ihr Blutdruck ist wieder so hoch (140/80). Wenn der nicht sinkt, müssen wir Ihnen das Baby für eine Zeit entziehen, damit Sie sich erholen können.“ „Frau Freisleben, es ist langsam Zeit für die Babyvisite. Bitte bringen Sie das Baby ins Babyzimmer.“ (es waren noch mindestens 20min. Zeit bis zur obligatorischen Babyvisite…) Auch bei den mütterlichen Toilettengängen war natürlich klar: das Baby kommt ins Babyzimmer. Selbst wenn es nur 5min dauert!

Aber Scherz beiseite – man hat gemerkt, dass in diesem Krankenhaus selbst die kleinsten Warnzeichen ernst genommen werden, und dass nach einem klaren Standardsystem vorgegangen wird.

Dementsprechend wird hier auch sehr viel und genau überwacht. Nicht nur die Vitalzeichen. Ich muss als Mutter täglich einen Zettel ausfüllen, wieviel ich gegessen und getrunken habe, wie oft ich beim WC war…

Das Baby hat natürlich auch täglich einen Zettel bekommen (auszufüllen von der Mutter): wann es gestillt wurde, 2x täglich Gewichtskontrolle vor und nach dem Stillen mit Angabe von der Menge gegebener Muttermilch, und natürlich auch den Windelwechsel (wie oft, was drin war…) . Und wenn das Baby dann mal über 1 Tag lang keinen Stuhlgang hat, muss „nachgeholfen“ werden (mit einem Holzstäbchen!!!!!)

Darüber hinaus werden am Tag jede Menge an Fragen gestellt. Wie es mit dem Stillen geht, wie es meinem Bauch geht, was ja ganz normal ist. Aber hier wird sogar nachgefragt, ob ich denn wohl an diesem Tag schon geduscht habe…

Für die Japaner schien dies alles ganz in Ordnung zu sein, und sie hielten sich komplett an die Vorgaben der Schwestern, wohingegen ich für meine „Rechte“ meiner Ansicht nach kämpfen musste, weil sie ein wenig von denen abwichen, die die Schwestern vorschlugen.

Ich finde, hier wird mal wieder ganz anschaulich, wie das Denken der Japaner manchmal ist: als „Kunde“ hänge ich den Verstand einfach an den Nagel, vertraue dem Personal und lasse sie machen, entscheiden und bestimmen.

Dies hat natürlich auch etwas Angenehmes, denn ich muss mich nicht um vieles selbst kümmern. Auch ich konnte von dem ganzen Service profitieren: jeden Tag bekam ich das Baby sauber, frisch gewickelt und angezogen auf das Zimmer zurück, nachdem ich es bei der Babyvisite abgegeben hatte. Und auch sonst war das Personal sehr zuvorkommend und hilfsbereit.

Ach ja, noch eine kleine Sequenz zum Essen hier:

Als ich noch schwanger zur Vorsorgeuntersuchung draußen am Krankenhaus vorbeiging, stieg mir aus der Krankenhausküche ein Geruch herauf, der mich ahnen ließ, dass hier einfachstes japanisches Krankenhaus-Fertigessen gereicht wird.

Ich hatte daher nicht viel erwartet für die Zeit stationär und wurde dann positiv überrascht; das Essen ist natürlich Krankenhausessen, aber durchaus genießbar! Sogar das warme Essen zum Frühstück mit Reis, Suppe usw. hat mir hier geschmeckt, wo ich sonst nicht so ein großer japanisches-Frühstück-fan bin. Hier eine fotografische Kostprobe vom Frühstück, Mittag- und Abendessen :

Alles in allem kann ich sagen, dass dieser Aufenthalt auf jeden Fall eine neue Erfahrung für mich war, dass ich mal wieder etwas in die japanische Welt schauen durfte, und natürlich auch bei mir trotz aller Hochs und Tiefs durch die Zeit nach der Geburt dies eine gute Zeit für mich und auch für unser Baby war. Denn darin sind die Japaner auch sehr gut: Müttern nach der Geburt wirklich die Zeit geben, um sich zu erholen und Kraft zu tanken, um für den Alltag später, den sie so oft den ganzen Tag lang alleine bewältigen müssen, gewappnet zu sein.